ICH, JUDAS - Einer unter euch wird mich verraten!
Ben Beckers Erfolgsinszenierung feiert Jubiläum – und geht erneut auf Tour
Zehn Jahre. Über 250.000 Zuschauer. „Ich, Judas“ ist weit mehr als ein Bühnenstück – es ist eine kraftvolle Auseinandersetzung mit Schuld, Verrat und Vergebung, die tief unter die Haut geht. Seit der Premiere im November 2015 begeistert Ben Becker mit seiner tief berührenden, unverwechselbaren Interpretation des Judas Iskariot und füllt die schönsten Kirchen Deutschlands bis auf den letzten Platz. Was ursprünglich als einmalige Aufführung geplant war, entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Theaterprojekte der letzten Jahre. Der überwältigende Erfolg führte zu landesweiten Tourneen mit ausverkauften Zusatzvorstellungen – allein jeweils über 20-mal im Berliner Dom und im Hamburger Michel.
Nun kehrt „Ich, Judas“ zum Jubiläum zurück: In ausgewählten Kirchen Deutschlands erleben Zuschauer:innen die Inszenierung erneut in ihrer einzigartigen Atmosphäre. Die sakralen Räume schaffen nicht nur einen würdigen Rahmen, sondern verstärken die Intensität eines Abends, der sich mit den großen Fragen von Schuld und Vergebung auseinandersetzt.
Ben Becker schafft es mit seiner kraftvollen Präsenz und unverkennbaren Stimme, einen Dialog zu eröffnen – zwischen Bühne und Publikum, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. „Ich, Judas“ ist mehr als ein Stück. Es ist ein Erlebnis, das nachhallt.
Programminfo
Judas, sein Name steht für Verrat. Seine Geschichte ist eine der Schuld ohne Vergebung. Er ist der einzige Feind, für den es keine Liebe gibt, der Meistgehasste, Meistverfolgte und Verteufelte: Judas, der Jünger Jesu, der Gottes Sohn mit seinem Kuss verrät und ans Kreuz liefert. Ben Becker übernimmt seine Rolle.
Der Fall Judas muss neu aufgerollt werden. Eine Geschichte wurde überliefert, ein Urteil gefällt, ein Sündenbock gebrandmarkt für die Ewigkeit. Doch die Geschichte stimmt so nicht, das Urteil ist falsch. „Was war denn zu verraten“, fragt Judas in seiner Verteidigungsrede, „ Jesus‘ Aufenthaltsort? Den kannten Tausende. Sein Großes Geheimnis, dass er Gottes Sohn sei? Das hat er selbst gesagt, vor allen Leuten!“ Und das ist nur der Anfang von vielen Unstimmigkeiten einer Geschichte, die mehr geglaubt als befragt wurde.
Das Bild von Judas, dem Verräter, ist ein Vorurteil mit den fatalsten Folgen: Antisemitismus, Judenverfolgung, Glaubenskriege. Ben Becker erhebt seine Stimme für einen, der auserwählt war, den Anti-Christen zu spielen, um Jesus zum Messias zu machen. „Judas ist nichts ohne Jesus … Aber Jesus ist auch nichts ohne Judas“, so die radikale Erkenntnis von Walter Jens, der in seinem Judas-Monolog die moralischen Gewissheiten jahrtausenderlanger Frömmigkeit erschüttert. Eine gigantische Aufgabe für einen Schauspieler: Hier steht einer auf gegen alle in einem verzweifelten Kampf um späte Gerechtigkeit. „Ich, Judas“ ist das existentielle Plädoyer für einen Verdammten, die Korrektur des größten Fehlurteils der Glaubensgeschichte und der Widerruf eines Irrtums, der die Welt gespalten hat.
Ben Becker sucht mit seiner Interpretation des Judas nicht nur den Widerstand gegenüber Feindbildern, Vorverurteilungen und falschen Gewissheiten. Er spielt Judas genau dort, wo die Fragen des Glaubens und Zweifels, der Erlösung und Verdammnis ihren Ort haben, in Gottes Haus. Die Musik und sakrale Wucht der Orgel, gespielt von Domorganist Andreas Sieling, lassen Ben Beckers Judas-Verteidigung vollends zum Ereignis werden.
Presse Echo Ben Becker „Ich, Judas“
„Sein tiefer Bass erklingt und sofort sind die Zuschauer (....) ergriffen. Mit seiner Interpretation des als Jesus-Verräter geschmähten Jüngers begeistert Ben Becker in Hamburg. Und er regt dazu an, das Judas Bild zu überdenken.“
„1300 Zuschauer in der ausverkauften Hauptkirche Sankt Michaelis (feiern) seine beeindrucke Darstellung am Freitagabend mit stehenden Ovationen.“ - Hamburger Abendblatt, 5.3.2016
„Becker begeistert (im Michel) gefeiert“ - Zeit Online, 5.3.2016 „Große, intelligente Schauspielkunst.“ - WAZ Bochum, 21.03.2016
„Was für ein dreigeteiltes Plädoyer für einen Geächteten! Virtuos vorgetragen in einer Kirche vor gefühlt 1000 Leuten. Das kann, das schafft nur einer! - Thüringer Landeszeitung vom 19.04.2016
„Ben Becker hält seinen Monolog über mehr als anderthalb Stunden mit leidenschaftlicher Eindringlichkeit, nachdenklich, flehend, wütend, weinend, emotional, intelligent. Er reißt mit, er überzeugt und er bekommt schließlich, sehr zu Recht, Standing Ovation – der Michel wackelt geradezu vor Anerkennung des Publikums. Ein genialer Ausnahmekünstler in einem großartigen Stück. Judas strafft das breite Kreuz, entspannt sein Gesicht und lächelt ein wenig. An diesem Abend jedenfalls wird er geliebt…“ Kultur-Port, 24.10.2023
„Es ist das Revolutionäre an dem Text von Walter Jens, dass es die Leseart der biblischen Gesichte vom Kopf auf die Füße stellt und gleichzeitig einen völlig neuen philosophischen Ansatz der Menschheitsgeschichte darstellt. Das ist eine gigantische intellektuell-künstlerische Leistung, der vermutlich nur eine ebensolche schauspielerische Leistung adäquat ist. Ben Becker ist ein solcher Gigant.“ - Volksstimme Magdeburg, 15.11.2023
FRAGEN AN BEN BECKER
Die Rolle des „bad boy“ hast du in deinem Schauspielerleben immer wieder angenommen. Wie groß war für dich der Sprung von deinen bisherigen Rollen zu Judas, dem „bad boy“ der Bibel? BB: Judas ist eine neue Dimension. Er ist mehr als eine Rolle, eine Film- oder Theaterfigur: Judas ist eine Kampfzone, ein Schlacht- und Kraftfeld, aufgeladen mit der Verachtung und Feindseligkeit der Jahrtausende, einem mörderischen Hass, wie die Zeit immer wieder zeigt.
Zu Beginn deiner Verteidigungsrede steht Judas auf dem verlorensten aller Posten, die Zeugnisse gegen ihn scheinen erdrückend und er hat niemanden auf seiner Seite: Einer gegen alle. Ist das die schauspielerische Grundsituation, von der du dich herausgefordert fühlst?
BB: Natürlich treibt es mich als Schauspieler an, einen starken Gegner zu haben. Wenn es um Leben oder Tod geht, wenn etwas Existenzielles auf dem Spiel steht, bin ich in meinem Element. Ich suche die Extreme, denn nur dadurch entsteht die höchste Intensität, der Tanz auf dem Drahtseil ...
Du versuchst also diese Grenze zu überschreiten?
BB: Ich suche die Grenzüberschreitung, natürlich, und diese Figur verlangt das auch, eben weil die Auseinandersetzung mit Judas nicht nur in den Bereich der Kunst oder der Theologie gehört, sondern Teil der Realität ist. Judas hat Geschichte geschrieben. Genauer gesagt, ihm wurde eine Geschichte zugeschrieben. Ihm wurden Eigenschaften angehängt wie etwa, dass er geldgierig ist, verschlagen, ein Dieb und Betrüger, der die Kasse manipuliert, einer, der Jesus um dreißig Silberlinge verrät und so weiter. Jede dieser Zuschreibungen hat Konsequenzen, in jedem Vorurteil steckt ein Pogrom. Seine „Schuld“ ist keine theoretische Frage oder innere Gewissensangelegenheit, sie hat die brutalsten Auswirkungen in der Welt bis hin zum Völkermord. Und diese Geschichte muss umgeschrieben werden.
In dem revolutionären Text von Walter Jens spricht Judas davon, dass er eine Rolle zu übernehmen hatte in einem abgekarteten Spiel – die Rolle des Verräters, des Bösen. Hast du auch das Gefühl, dass für das Publikum immer einer den Teufel spielen muss, und meistens bist du es? BB: Im Theater ist der Teufel eine dankbare Figur. Mephisto erscheint erstmal faszinierender als Faust. Und er ist bei allem Diabolischen immer auch der größere Spaßmacher. Bei Judas ist das anders. Seine Rolle ist nicht selbstgewählt, er wurde von Gottes Sohn dafür bestimmt. Ihm bleibt kaum etwas anderes übrig als damit einverstanden zu sein, obwohl es die undankbarste, verdammteste Aufgabe ist. Während Jesus vor den Augen der Welt den Märtyrertod stirbt, erhängt sich Judas, ohne dass ihm jemand dabei zuschaut, ihn bedauert und betrauert. Den Judas in dieser Geschichte zu spielen, heißt eine Schuld anzunehmen, die das menschliche Maß übersteigt. An ihr muss man zugrunde gehen.
Das heißt, Judas hat sich geopfert? Er ist für die Rolle, die er gespielt hat, spielen musste, schlichtweg „draufgegangen“?
BB: Ja, sicher. Von allen Jüngern bringt Judas als vermeintlicher Gegenspieler des Messias das größte Opfer. Für Jesus zu sterben ist tausendmal leichter als ihn zu töten, heißt es sinngemäß bei Walter Jens. Doch Judas nimmt diese Rolle an. Sein Verrat ist Gehorsam, ein „Ja“ zu dem Part, den er als der Schuldige und Sündenbock in der Heilsgeschichte zu spielen hat. Aber – und das ist der dramatischste Bruch in dem Monolog – hätte er vielleicht „Nein“ sagen sollen? Was wäre, wenn Judas sich gewehrt und den Gehorsam verweigert hätte? Hier hört seine Verteidigungsrede auf und ein fundamentaler Zweifel fängt an …
Insofern hat nicht nur die Welt Judas und seine Rolle falsch beurteilt, sondern Judas selbst kommt zu der Erkenntnis, dass er einen Fehler gemacht hat?
BB: Wenn man überhaupt von einem Fehler sprechen kann und in der Lage ist, sich vorzustellen, was das bedeuten würde. Um Heilsgeschichte zu schreiben, hat Judas seinen Part vollbracht. Jetzt schaut er sich diese Heilsgeschichte an: eine Abfolge von Glaubenskriegen und blutigem Fanatismus, Kreuzzügen und Inquisition, Judenverfolgung und Holocaust. Und das geht so weiter bis heute. Es ist sogar aktueller, weil schlimmer denn je, wenn man an die fundamentalistischen Konflikte der Gegenwart denkt. Da tut sich doch die Frage auf: Wäre es nicht besser gewesen, Judas hätte gegen seine Rolle rebelliert? Wäre sein „Nein“ zu dem Messias nicht ein millionenfaches „Ja“ gewesen zum Leben?
In deiner Rolle als Judas steckt also auch eine Anstiftung zur Rebellion? Ein Aufruf zum Ungehorsam? BB (lächelt).