Fritzi Ernst
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Fritzi Ernst ist back! Nach ihrem Debüt “Keine Termine” (2021) erscheint am 06.12.2024 das neue Album “Jo-Jo”, das zweite Album von Fritz Ernst nach dem Ende von Schnipo Schranke.

Fritzi Ernst
Wir müssen uns Sisyphos weder traurig noch glücklich, sondern als einen ständig scrollenden Menschen vorstellen. Einer von vielen Gedanken, die das neue Album “Jo-Jo” von Fritzi Ernst auslösen kann. Denn das titelgebende Jo-Jo – heute müsste man fast sagen: eine Art Retro-Kinderspielzeug – ist hier nicht nur vieldeutige Metapher für eine von Auf- und Abbewegungen geprägte Lebensrealität zwischen Streit, Trennungen, Bands, Kunst, Erinnerungen und Versöhnungen. Auch der Sound auf “Jo-Jo”, nach “Keine Termine” (2021) das zweite Album von Fritz Ernst nach dem Ende von Schnipo Schranke, hat sich verändert: Dominierten auf dem Vorgänger noch recht orthodoxe Songs mit leicht erkennbaren Strophen und Refrains, sind es auf “Jo-Jo” vor allem Loop-Strukturen: Kaskaden, die sich aufbauen, abbauen, unterwegs etwas mitnehmen oder auch wieder verlieren. Kunstvoll hoch und runter wie ein Jo-Jo eben. Aber wo es hinunter geht, das wissen wir jetzt, geht es auch wieder hinauf. Und so bekennt Fritzi Ernst schon im darauffolgenden “Ich steh im Bett”: “Ich werde was kreieren / Manchmal lieb ich mein Gehirn”. Fröhlich verspielte Quietsche-Synths und beste NDW-Instrumentierung bilden das Fundament für “Ich steh im Bett”, zu dem man sich alleine in der Küche tanzend erwischen kann und das doch von nichts weniger als dem kreativen Prozess hinter dem Songwriting erzählt. Wie man sich ein Lied ausdenkt, Lektion 1. Aber es geht auch um den Struggle, mit dem das Kunstmachen immer schon und heute natürlich besonders einhergeht: “Wenns sein muss mach ich mich bekloppt / In schlechten Zeiten bis zum Tod / Jackpot oder arbeitslos”. Was “Ich steh im Bett” großartig macht, ist die Weise, auf die der Fritzi Ernst-Approach die nervigen Bedingungen des Kunstmachens erzählt. Wenn es nämlich heißt: “Ich brauch den gut bezahlten Slot”, ist das zwar wahr, macht sich aber gleichzeitig über ein so lächerlich ökonomisches Wording lustig. Selbstermächtigung durch Ausstellung. Den Menschen, die wirklich nur Kunst machen, um die gut bezahlten Slots abzugreifen, möchte man eben lieber nicht begegnen. (...)

(...)Wie bereits beim Album Keine Termine wurden alle Songs gemeinsam mit Ted Gaier von Die Goldenen Zitronen produziert. Und auch für das fantastische Artwork zeichnet erneut Danika Arndt verantwortlich.Mäanderte der Erstling noch irgendwo zwischen Depression Pop und Pop Depression, kommt “Jo-Jo” zwar more lighthearted, dennoch nicht weniger abgründig rüber. Der wundervoll anrührende Abschlusssong “Märchen” – samt unerwartetem Tagesausflug in den Rap – bildet das perfekte Echo auf den Trennungs-Titelsong “Jo-Jo”. Der Loop wird vollendet zum Kreis. Wirkliche “Ende gut, alles gut”-Stimmung mag jedoch trotzdem nicht aufkommen, denn es ist lediglich “endlich nicht vorbei” und es “bleibt mindestens ein Jahr / Liebeskummer jetzt erspart”. Wenn man so will, dann ist das hier eben keine Chillout-Area, sondern von vorne bis hinten eine Sprache des Vorbehalts und damit das perfekte Bild für Millennial-Lebensrealität in Zeiten der Multikrise. Klüger und unprätentiöser kann man zur Zeit keine deutschsprachige Popmusik machen.

Dax Werner

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